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Grußwort von Botschafter Huterer bei Gedenkveranstaltung am Shoah-Mahnmal Jama

Gedenkveranstaltung zum 77. Jahrestag der Vernichtung des Minsker Ghettos am Shoah-Mahnmal Jama in Minsk

Gedenkveranstaltung zum 77. Jahrestag der Vernichtung des Minsker Ghettos am Shoah-Mahnmal Jama in Minsk, © Deutsche Botschaft

25.10.2021 - Artikel

Botschafter Manfred Huterer nahm am 24. Oktober 2021 auf Einladung des Verbands der belarusischen jüdischen gesellschaftlichen Vereinigungen und Gemeinden an einer Gedenkveranstaltung zum 77. Jahrestag der Vernichtung des Minsker Ghettos am Shoah-Mahnmal Jama in Minsk teil.

Botschafter Huterer legte im Gedenken an die Opfer des Minsker Ghettos Blumen nieder und sprach ein Grußwort:


Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist für mich eine Ehre, dass Sie mich als deutschen Botschafter zur heutigen Gedenkveranstaltung an diesem Ort eingeladen haben. Dafür bedanke ich mich herzlich.

Die Verbrechen, die Deutsche an diesem Ort, in dieser Stadt, in diesem Land vor 80 Jahren begangen haben, sind unverzeihlich. In einem mörderischen Wahn erschossen Deutsche hier, an der Jama, im März 1942 etwa 5000 Menschen innerhalb von Stunden. Und in diesen Tagen des Jahres, vom 21. bis 23. Oktober vor 78 Jahren, löschten Deutsche in einem Pogrom das Minsker Ghetto aus, wo sie 100.000 Menschen gefangen gehalten hatten. In ganz Europa ermordeten Deutsche und ihre Helfershelfer in der Shoah sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens, jüdischer Herkunft.

Dieses Verbrechen übersteigt die menschliche Vorstellungskraft. Kinder, die nie erwachsen wurden; Eltern, die ihre Kinder nicht groß werden sahen; Großeltern, die nie mit ihren Enkeln spielten. Sechs Millionen geraubte Leben.

Shoah und Weltkrieg sind Verbrechen, die im Namen Deutschlands begangen wurden. Die Bundesrepublik bekennt sich zu dieser historischen Verantwortung. Shoah und Weltkrieg sind uns Verpflichtung, Antisemitismus, Rassismus und tödlichem Hass entgegen zu treten. Den Kampf gegen den neuen, in Wahrheit natürlich alten Antisemitismus führen die deutsche Regierung und Deutschlands Bürgerinnen und Bürger entschlossen.

Nach den im Namen Deutschlands begangenen Verbrechen war es ein Wunder, dass Belarusinnen und Belarusen bereit waren, uns Deutschen die Hand zur Versöhnung zu reichen. Für dieses Wunder bin ich jeden Tag dankbar. Das kostbare Geschenk der Versöhnung zwischen unseren Völkern müssen wir bewahren – gerade in Zeiten tiefer politischer Differenzen zwischen Regierungen.

Der Großmut von Belarusinnen und Belarusen erlaubte es, Brücken zwischen unseren Völkern zu schlagen. Gerade die gemeinsame Arbeit von Historikerinnen und Historikern, Bürgerinnen und Bürgern zum schmerzhaftesten Kapitel der deutsch-belarusischen Geschichte ließ Vertrauen zwischen unseren Völkern entstehen. Dafür steht die Geschichtswerkstatt Minsk. Dafür steht auch der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Gedenkstätte Malyj Trostenez im Juni 2018.

Das Leid, das Deutsche hier an der Jama, in Minsk, Belarus und anderswo über Menschen gebracht haben, dürfen und werden wir Deutsche nie vergessen. In tiefer Demut gedenke ich der Opfer. In großer Dankbarkeit bin ich mir des Geschenks bewusst, dass wir dieses Gedenken dank Ihres Großmuts als Belarusen und Deutsche gemeinsam begehen dürfen.

Vielen Dank.


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