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Grußwort aus Anlass des 17. Minsk Forums vom 4.12.-6.12.2019

09.12.2019 - Artikel

Am 4. und 5. Dezember nahm Botschafter Manfred Huterer am 17. Minsk-Forum teil. Über 200 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kultur und der Zivilgesellschaft aus Deutschland und Belarus haben über Stand und Perspektiven der bilateralen Beziehungen diskutiert.

Sehr geehrter Herr stellvertretender Außenminister Krawtschenko,

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Wiese,

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Löffler,

Sehr geehrter Herr Platzeck,

Lieber Rainer Lindner,

lieber Michael Siebert,

lieber Dirk Schübel,

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem diplomatischen Corps,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

auch meinerseits ein herzliches Willkommen zur Eröffnung des 17. Minsk Forums.

Ich möchte allen Organisationen und Sponsoren, die das Forum Jahr für Jahr möglich gemacht und unterstützt haben, bei dieser Gelegenheit herzlich danken.

Mein besonderer Dank gilt der ‚deutsch-belarussischen Gesellschaft‘ und ganz persönlich Dir, Rainer. Ohne Deinen steten Einsatz und Deine Beharrlichkeit hätte das Forum nicht zu dem werden können, was es war und heute ist: nämlich die wichtigste Plattform des bilateralen Austausches zwischen Deutschland und Belarus.

Dieser Austausch ist getragen vom Engagement und vom Idealismus hauptamtlicher, aber auch vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Ihnen allen will ich hier meinen herzlichen Dank aussprechen.

Die deutsch-belarussischen Beziehungen ruhen seit langem auf vielen Pfeilern: Die deutsch-belarussische Gesellschaft kann auf 20 erfolgreiche Jahre zurückblicken. Die Internationale Bildungs- und Begegnungsstätte Johannes Rau konnte dieses Jahr bereits ihr 25-jähriges Bestehen feiern. Das Gleiche gilt für den deutsch-belarussischen Wirtschaftsclub, den ältesten und größten Unternehmerverband im Lande. Auch die Repräsentanz der Deutschen Wirtschaft in Belarus steuert auf ihr 20-jähriges Jubiläum zu.

Meine Damen und Herren, dies alles zeigt, dass das deutsche Engagement in Belarus nachhaltig und langfristig orientiert ist. Es speist sich aus historischer Verantwortung, kultureller und menschlicher Nähe, aber natürlich auch politischen und wirtschaftlichen Interessen. Das Fundament und Beziehungsgeflecht, das hier geschaffen wurde, hat sich als stabil erwiesen und war auch in der Lage, so manchem politischen Sturm zu trotzen.

Die Minsk-Foren waren immer Seismograph der bilateralen Beziehungen, aber auch der internationalen Lage. Das diesjährige Minsk-Forum mit dem Thema „Der Platz von Belarus in Europa: Chancen für Außenpolitik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Kultur“ findet zu einer Zeit statt, in der sich die internationale Ordnung dramatisch wandelt. Wir stehen vor der Frage, ob es gelingen kann, eine regelbasierte internationale Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Sicherheitslage hat sich deutlich verschlechtert, weltweit, aber auch in Europa. Wir sind Zeugen eines neuen robusten Ringens der Großmächte um geostrategische Einflusszonen, bewaffneter Konflikte – mit dem Krieg im Osten der Ukraine in unserer unmittelbaren Nachbarschaft –, der Gefahr eines neuen Wettrüstens nach dem Ende des INF-Vertrags, neuer Handelskriege und dramatischer Folgen des Klimawandels. Längst totgeglaubte Dämonen des Nationalismus erleben eine Wiedergeburt. Neue Risse und Mauern tun sich auf, nicht nur zwischen Staaten, sondern auch innerhalb unserer Gesellschaften.

In diesen Zeiten allgemeiner Verunsicherung brauchen wir mehr denn je feste und allgemeinverbindliche Regeln und einen stabilen Rahmen für die internationale Zusammenarbeit.

Deswegen setzt sich Deutschland dafür ein, die multilaterale Zusammenarbeit zu fördern. Dafür brauchen Deutschland und die EU Partner, weltweit, aber auch und gerade in unserer östlichen Nachbarschaft.

Ich bin überzeugt, dass Belarus für Deutschland und die EU solch ein Partner sein kann.

Gerade in seiner Lage mitten in Europa, an der Schnittstelle zwischen Ost und West, zwischen der EU und Russland ist Belarus ganz besonders auf multilaterale Bindungen und feste Regeln angewiesen bzw. kann von ihnen profitieren.

Und gerade deshalb kann Belarus eine wichtige Brücke zwischen Ost und West sein.

Wir teilen mit Belarus ein herausragendes gemeinsames Interesse an der Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in Europa.

Meine Damen und Herren,

eine funktionierende multilaterale Ordnung, aber auch Sicherheit in Europa lebt von stabilen bilateralen Beziehungen.

Und deswegen freut es mich, dass die deutsch-belarussischen Beziehungen, aber auch die Beziehungen zwischen der EU als Ganzem und BLR in den vergangenen Jahren eine deutlich positive Entwicklung gewonnen. Und dies auf allen Ebenen: politisch, wirtschaftlich, kulturell und zwischen unseren Zivilgesellschaften.

Wir pflegen wieder den politischen Dialog, mit Besuchen auf Ministeriumsebene und einem regen Austausch zwischen den Parlamentariern. Höhepunkt im vergangenen Jahr war der Besuch von Bundespräsident Steinmeier, dem ersten Besuch eines deutschen Bundespräsidenten in Belarus. Von diesem Besuch sind sehr viele Impulse ausgegangen, wie z.B. die Einrichtung einer bilateralen Historikerkommission, die Ende Januar zum ersten Mal in Berlin tagen wird. Ich freue mich, dass vor wenigen Wochen der belarussische Außenminister Makej Deutschland besucht hat und produktive Gespräche mit Außenminister Maas geführt hat. Auch von diesem Besuch sind zahlreiche Anregungen ausgegangen, wie wir die bilateralen Beziehungen strategisch weiter entwickeln können. Natürlich gibt es auch politische Themen, in denen wir unterschiedlicher Auffassung sind. Wichtig ist, dass wir diese Fragen offen besprechen.

Erfreulich ist es zu sehen, wie die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen unseren Ländern in den letzten Jahren wieder an Dynamik gewonnen haben, wie der Außenhandel sich wieder seinem Allzeithoch nähert und die Investitionen im letzten Jahr ein ebensolches erreicht haben. Vor zwei Monaten haben wir hier in Minsk den 10. Tag der deutschen Wirtschaft begangen mit der Teilnahme einer Rekordzahl von Teilnehmern und angereisten Vertretern deutscher Unternehmen. Um diese Dynamik langfristig zu sichern, wird es weiterer Anstrengungen beider Seiten bedürfen. Wir müssen überlegen, wie wir Handelsbarrieren weiter abbauen, wie wir das Investitionsklima für deutsche Unternehmen in Belarus weiter verbessern und belarussischen Unternehmen bei einem möglichen Einstieg auf dem deutschen Markt helfen können. Ich bin zuversichtlich, dass Deutschland als Technologiepartner in vielen Schlüsselbereichen der belarussischen Industrie und Wirtschaft, von noch großer Bedeutung für die weitere Modernisierung, Entwicklung und Diversifizierung der belarussischen Wirtschaft sein kann.

Meine Damen und Herren,

das Salz in den Beziehungen zwischen Staaten sind der kulturelle Austausch und die zahlreichen Projekte und sozialen Initiativen, die Menschen zueinander bringen. Davon gibt es in den deutsch-belarussischen Beziehungen eine Vielzahl. Stellvertretend für viele will ich das Förderprogramm Belarus der Bundesregierung nennen. Das Besondere an diesem Programm ist, dass alle Vorhaben von Bürgerinitiativen in direktem Austausch mit den Kommunalverwaltungen vor Ort initiiert und umgesetzt werden. Uns verbinden über 20 Städtepartnerschaften. Es wäre zu wünschen, dass es auch zwischen belarussischen Oblasts und Bundesländern zu Partnerschaften kommt. Direkte Begegnungen sind so wichtig, weil sie Wissen über den anderen, Verständnis und Empathie fördern. Hier haben wir in Deutschland wie in der ganzen EU einen großen Nachholbedarf. Belarussen wissen über Deutschland viel mehr als Deutsche über Belarussen. Die Dynamik von Wirtschaft und Gesellschaft in Belarus wird in DEU und der EU viel zu wenig wahrgenommen.

Deswegen sind wir dankbar, dass die Regierung von Belarus vor einiger Zeit durch seine großzügige Neuregelung der visafreien Einreise u.a. für EU-Staatsangehörige ein ganz wichtiges Signal der Öffnung gesetzt hat. Deshalb muss die EU jetzt schnell nachziehen. Ich hoffe sehr, dass wir als nächsten Schritt bald das Visumserleichterungsabkommen zwischen der EU und BLR unterzeichnen und in Kraft setzen können.

Meine Damen und Herren,

um Zukunft politisch zu gestalten, muss man alte Freundschaften pflegen und neue Partnerschaften begründen. Gerade in Zeiten, in denen die Gefahr besteht, dass sich neue Gräben zwischen Ost und West wieder auftun, brauchen wir mehr und nicht weniger Dialog und Begegnung. Es ist ein großes Glück, dass es das Minsk-Forum und die IBB gibt, denn sie sind ein ideales Laboratorium für neue Formen der Zusammenarbeit und des Dialogs.

Ich wünsche Ihnen heute und morgen anregende Debatten und Gespräche und darf Sie schon jetzt zu einem kleinen Empfang im Restaurant Westphalia im Anschluss an die Auftaktdiskussion einladen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

 

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