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Grußwort von Botschafter Manfred Huterer in der Konferenz zum Thema Holocaust und Zweiter Weltkrieg am 20.11.2019

21.11.2019 - Artikel

Sehr geehrter Herr Balakirev,

sehr geehrte Frau Kaschtaljan,

cher Monsieur Boyer,

cher Didier,

sehr geehrte Damen und Herren,

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-© IBB Minsk

es ist mir eine große Ehre, vor Ihrer Konferenz einige Worte an Sie richten zu können. Ich freue mich sehr, dass sich heute und in den kommenden Tagen hier in Minsk französische, belarussische und deutsche Experten gemeinsam dem Thema Holocaust und Zweiter Weltkrieg widmen. Dieses ergibt ein schönes Bild, weil die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg beispielgebend und inspirierend für die Aussöhnung zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn war.

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-© IBB Minsk

Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag gesagt: „Solange ich lebe, werde ich darunter leiden, dass die deutsche Nation mit ihrer so achtenswerten Kultur zu den ungeheuerlichsten Menschheitsverbrechen fähig war. Selbst eine noch so überzeugende Deutung des schrecklichen Kulturbruchs wäre nicht imstande, mein Herz und meinen Verstand zur Ruhe zu bringen. Denn da ist ein Bruch eingewebt in die Textur unserer nationalen Identität, der im Bewusstsein quälend lebendig bleibt. Wer ,in der Wahrheit leben‘ will, wird dies niemals leugnen.“ (Zitat Ende)

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-© IBB Minsk

Aus dieser Erkenntnis erfolgt die moralische Pflicht und der Auftrag, dass wir die Verbrechen am jüdischen Volk und den durch Hitlerdeutschland entfachten Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Bewusstsein auch der künftigen Generationen bewahren und lebendig halten. Belarus war Schauplatz aller Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs. Fast 3 Millionen Belarussen ließen in diesem Krieg ihr Leben. Mit dem Vernichtungskrieg Hitlerdeutschlands gegen die Sowjetunion erreichte das systematische Morden auf dem Territorium von Belarus eine präzedenzlose Dimension.

Deshalb sind Orte der Erinnerung und des Mahnens von so großer Bedeutung und ist es so wichtig, Orte wie Malyj Trostenec in das historische Bewusstsein Europas zurückzuholen. Dieser Gedenkort, ebenso wie die gemeinsame „Geschichtswerkstatt Leonid Lewin“ in Minsk, ist das Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen von belarussischen und deutschen Historikern und von zivilgesellschaftlichen Gruppen, vor allem des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks „Johannes Rau“.

Die Geschichtswerkstatt, mitten im historischen jüdischen Ghetto, vermittelt der jüngeren Generation ein Bewusstsein für die Geschichte und für die damit verbundene Verantwortung, eine Gesellschaft zu schaffen, die Fremdenfeindlichkeit und Hass keinen Raum lässt. Deswegen freut es mich ganz besonders, dass es uns in Kooperation mit der belarussischen Regierung gelungen ist, den Bestand dieser Stätte der Begegnung und des Lernens zu sichern.

Ebenso freut es uns, dass die Etablierung einer gemeinsamen deutsch-belarussischen Historikerkommission auf gutem Wege ist. Sie kann Wege aufzeigen, zu einem gemeinsamen Geschichtsverständnis zu kommen und uns damit näher zu kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Holocaust und die Schrecken des 2. Weltkrieges sind kein abgeschlossener Teil unserer Vergangenheit. Es ist Vergangenheit, die nicht vergeht und die uns mahnt, Antisemitismus und menschenverachtende Ideologien nie wieder zuzulassen. Nie dürfen wir vergessen, dass der Kern der nationalsozialistischen Ideologie Rassismus und Antisemitismus waren. Ich glaube, dieser Aspekt ist gerade bei der Vermittlung historischen Wissens an die jüngere Generation ganz besonders wichtig.

Der Unterricht über den Holocaust steht in vielen Ländern vor neuen Herausforderungen, auch in Deutschland. So wie er sich historisch auch gegen Widerstände entwickelt hat, muss er sich immer wieder an neue Bedingungen anpassen. Dies gilt vor allen Dingen vor dem Hintergrund der bedauerlichen Tatsache, dass weltweit Antisemitismus wieder zunimmt. Dies trifft auch auf Deutschland zu.

Wir sind noch immer tief schockiert von dem kürzlichen Angriff auf die jüdische Gemeinde in Halle. Dies war ein Anschlag auf unser ganzes Land. Wir werden alles tun, um jegliche Erscheinungsformen von Antisemitismus entschieden zu bekämpfen und den Schutz unserer jüdischen Mitbürger zu gewährleisten.

Antisemitismus ist nur eines der Übel, von denen jetzt wieder Nationen schleichend befallen werden. Der Fremdenhass und ein sich weiter verschärfender Nationalismus sind überall auf der Welt wieder auf dem Vormarsch.

Daher bleibt es gerade unsere Verantwortung und Verpflichtung, gegen jede Form der Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit, gegen Heilsversprechen und kollektive Schuldzuweisungen vorzugehen.

Nie wieder dürfen Staat und Gesellschaft zulassen, dass Menschen wegen Ihrer Herkunft, Ihrer Religion, Ihrer politischen Einstellung, Ihrer sexuellen Orientierung, wegen Ihrer Andersartigkeit zum Feindbild einer schweigenden Mehrheit gemacht, verachtet, gedemütigt oder bedroht werden.

Erinnerungskultur ist die bewusste Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ob wir die Lektionen der Vergangenheit wirklich gelernt haben, entscheidet darüber, wie das 21. Jahrhundert weiter verlaufen wird.

In diesem Sinne wünsche ich Ihrer Konferenz einen guten Verlauf und fruchtbare Diskussionen.

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