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Rede von Botschafter Manfred Huterer zum Beginn des neuen Jahres 2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
für das noch junge Jahr 2022 wünsche ich Ihnen im Namen der Deutschen Botschaft Minsk Gesundheit, Zufriedenheit und alles erdenklich Gute.
Dieses neue Jahr bringt Deutschland und Belarus ein Jubiläum: Am 13. März 1992, vor bald genau 30 Jahren, nahmen beide Staaten wieder diplomatische Beziehungen zueinander auf. In diesen drei Jahrzehnten haben unsere beiden Länder viel miteinander erreicht.
Deutsche und Belarussen sind heute einander nahe. Hunderttausende sind ins jeweils andere Land gereist und pflegen Kontakte über Grenzen hinweg. Deutsch-belarussische Freundschaften sind entstanden, auch Familien. Ich wünsche mir, dass das Reisen zwischen unseren Ländern trotz der weltweiten Corona-Pandemie wieder einfacher wird.
Deutsche und Belarussen haben in 30 Jahren Großes miteinander geschaffen. Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk „IBB“ ist ein lebendiges Symbol für Dialog und Zusammenarbeit. Historiker aus Deutschland und Belarus haben unsere Geschichte, die das so schmerzhafte Kapitel der deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg umfasst, gemeinsam studiert und dazu publiziert. Sehr früh schon reisten belarussische Kinder, die unter den Folgen der Tschernobyl-Katastrophe litten, auf private Initiative zur Erholung nach Deutschland.
Diese Erfolgsgeschichte zwischen unseren Gesellschaften war nur deshalb möglich, weil die Belarussinnen und Belarussen die Kraft und den Großmut fanden, uns Deutschen trotz der von Deutschen während des Zweiten Weltkriegs begangenen unverzeihlichen Verbrechen Versöhnung zu eröffnen. Dafür sind wir Deutsche und ich persönlich überaus dankbar. Deutschland weiß um seine historische Verantwortung. Auch in Zeiten, in denen es zwischen Regierungen äußerst schwierig ist, werden wir Deutsche und die deutsche Regierung die Aufarbeitung der von Deutschen in Belarus begangenen Verbrechen unterstützen und betreiben. Wir vergessen nicht. Und wir werden das Glück der Versöhnung zwischen unseren Völkern bewahren.
Wir bedauern, dass das Goethe Institut, der Deutsche Akademische Austauschdienst und die deutsche Auslandsschularbeit ihre Aktivitäten in Belarus vorübergehend einstellen mussten. Sie bauen wichtige Brücken zwischen unseren Gesellschaften – gerade zwischen jungen Menschen, die doch die Zukunft der deutsch-belarussischen Beziehungen darstellen! Wir wünschen uns, dass diese völkerverbindenden Institutionen ihre Tätigkeit in Belarus bald wieder aufnehmen können.
Es bleibt Ziel der deutschen Regierung, Belarus darin zu unterstützen, ein freier, souveräner, respektierter, demokratischer und prosperierender Staat im Herzen Europas zu sein. Sie bekennt sich zu einem friedlichen und vielfältigen Austausch mit Belarus als Nachbarn. Dies umfasst ganz besonders auch die Zivilgesellschaft, die Menschen in Ihrem Land mit Ihren jeweiligen Wünschen, Hoffnungen, Sorgen und Ängsten. Gerade in überaus schwierigen Zeiten ist es wichtig, Dialog- und Kommunikationskanäle offen zu halten. Der Kampf gegen Corona, der Klimaschutz, nachhaltige Entwicklung sowie Abrüstung und Vertrauensbildung in Europa sind Menschheitsaufgaben, die am wirkungsvollsten in Zusammenarbeit zwischen Staaten zu meistern sind.
Zugleich ist festzuhalten, dass die Beziehungen auf staatlicher Ebene 30 Jahre nach deren Beginn leider nicht in dem Zustand sind, in dem sie sein könnten. Die deutsche Regierung erwartet, dass die politischen Gefangenen in Belarus freikommen und Gewalt und Repressionen gegen die belarussische Zivilgesellschaft enden. Uns ist schmerzhaft bewusst, dass viele Belarussen sehr schwere Zeiten durchleben. Nur ein Dialog zwischen Staatsmacht und Zivilgesellschaft, der die Bedingungen für freie und faire Wahlen in Belarus schafft, kann aus unserer Perspektive einen Weg voran weisen.
Ich hoffe, dass 2022 ein besseres Jahr für Belarus und die deutsch-belarussischen Beziehungen sein wird. Dafür arbeiten wir als Deutsche Botschaft mit all unseren Kräften.
Noch einmal meine Glückwünsche an Sie zum neuen Jahr!